Heute kommen wir zu einem der Themen, die mich am meisten beschäftigen (ok, das werdet ihr in den nächsten Folgen noch ein bisschen öfter hören, aber es stimmt :-) ) - Wie bleibe ich in all der Fülle von Nachrichtenseiten und Social Media auf dem neuesten Stand? Als Nachrichtenjournalist treibt mich das ganze sicherlich noch ein bisschen mehr rum, als andere Journalisten, trotzdem haben mir auch ein paar von Euch geschrieben und mich gefragt: “Wie machst Du das eigentlich mit dem Monitoring?” Und darin soll es in diesem etwas ausführlicheren Newsletter gehen. Denn das Thema ist komplex. Und es gibt zahlreiche (oft auch sehr teure) Tools. Die Rheinische Post hat dazu z.B. ein komplettes Listening Center aufgebaut (Hier ein kurzes Erklärvideo dazu). Andere nutzen Tools wie Dataminr oder Crowdtangle, was aber häufig für Freelancer schlicht finanziell nicht zu leisten ist. Außerdem liefere ich mich dort einem Algorithmus aus. Daher setze ich seit Jahren schon auf RSS.
Bevor wir tiefer einsteigen eine kleine Warnung:
Am Anfang macht es ein bisschen Arbeit, sich die eigenen, benötigten Quellen selbstständig herauszusuchen und nicht auf vorgefertigte Algorithmen zu setzen. Lasst Euch davon nicht entmutigen, am Ende lohnt sich die Arbeit. Man sollte aber für die erste Einrichtung schon 1-2 Stunden locker rechnen.
Sehr schnell werdet ihr hoffentlich feststellen, wie toll so ein RSS-Reader ist und ihn nicht mehr missen wollen. Dann tendiert man leider leicht dazu, zu viele Quellen reinzupacken und schnell kommt man in die Überforderung: WAAAS?! 4.352 ungelesene Artikel?! In solchen Momenten hilft es nur, radikal den Stecker zu ziehen und auf “alles als gelesen markieren” klicken (dazu später mehr).
Über die Zeit muss man seine Sammlung leider immer ein wenig anpassen und organisieren. Manche Quellen funktionieren nicht mehr, manchmal merkt man, dass bestimmte Themen oder Quellen doch nicht mehr das wahre sind oder einem den Reader zuspamen: Dann muss man sich händich darum kümmern und diese Quellen rausschmeißen. Das gerne auch immer wieder mal radikal tun!
Und jetzt hoffe ich, dass ihr nicht abgeschreckt seid und mir in die wundervolle, alte Welt der RSS-Feeds folgt.
RSS-Reader: Die Kontrolle über den Nachrichtenkonsum zurückbekommen
Was? Per RSS lassen sich zahlreiche Nachrichtenquellen (Internetseiten, Blogs, Twitterlisten, Facebookseiten, Google-Alerts, etc.) alle in einer einzigen Übersicht anzeigen.
Und was genau? Ihr kennt alle sicher dieses Symbol:
Das zeigt Euch, dass ihr eine Webseite ganz einfach als RSS abonnieren könnt (darüber hinaus geht aber noch viel). RSS ist eine echt alte Technik und wurde immer sehr stiefmütterlich behandelt. RSS steht für Rich Site Summary. Aber das ist eigentlich nicht weiter wichtig.
Warum? Weil ich nicht mehr jeden Morgen zig Webseiten, Tweetdeck, Facebook, was auch immer händisch ansteuern möchte. Ich möchte eine Übersicht haben und dort die neuesten Nachrichten aus den unterschiedlichen Quellen bekommen. Außerdem kann ich so auch Webseiten überwachen und sehe zum Beispiel, wenn sich dort etwas verändert und zum Beispiel neue Daten eingestellt werden. Ich will halt immer frühzeitig informiert sein.
Welche Tools? RSS-Reader gibt es verschiedene. Die beiden größten sind sicherlich Feedly und Inoreader, was ich in der Bezahlvariante benutze, weil es ein wenig günstiger ist und mir optisch einfach besser gefällt.
Wie? Jetzt wird es etwas länger. Ich spiele jetzt mal verschiedene Dinge anhand von Inoreader für Euch durch.
Der Start
Unter den Ansichten kann man sich verschiedene ausschen, mir gefällt diese schlichte Textübersicht, weil ich dadurch die Nachrichten am besten scannen kann. Es ist meine Standardansicht.
Über das “Suchen”-Feld lassen sich neue Quellen hinzufügen. Hier könnt ihr entweder Schlagwörter eingeben oder einfach den Link zu einem RSS-Feed einfügen und er wird automatisch als Quelle erkannt.
Das hier ist zum Beispiel der RSS-Feed zu den Pressemitteilung der Bundesregierung. Die Webseite selbst macht kaum Sinn in der Ansicht:
Wenn ich aber die Webadresse aus der Adresszeile kopiere und im Suchen-Feld einfüge, dann kann ich den RSS-Feed bei Inoreader hinzufügen und bekomme alles in einer schönen Übersicht.
Links siehst Du dann all Deine Feeds, also die Quellen. Das kann schnell unübersichtlich werden, also wirst Du beim Hinzufügen einer neuen Quelle gefragt, ob Du sie einem Ordner hinzufügen möchtest.
Mein Tipp: Mach Dir vorher ein paar Gedanken, welche Art von Quellen und Ordnern Du brauchst, dann kannst Du auch gezielter nach Quellen suchen.
Rechts sind dann alle Artikel aus dem jeweiligen Ordner, den Du ausgewählt hast.
Die Quellen
Klassische RSS-Feeds sind das eine, aber es gibt noch viel mehr Möglichkeiten, weshalb ich so ein Freund von RSS-Readern bin:
Klassische RSS-Feeds (Hier zum Beispiel bei Ministerien oder Behörden auf Bundesebene suchen nach: “Rss” site:bund.de. Das geht auch für Gemeinden oder andere Behörden, je nachdem welches Thema ihr verfolgen wollt). Aber auch klassische Nachrichtenseiten wie der Spiegel oder die Tagesschau bieten RSS-Feeds an. Einfach googlen und man kommt direkt auf den Link.
Schlagwörter: Gebt bestimmte Themen und Begriffe ins Suchfeld des RSS-Readers ein und Inoreader schlägt Euch passende RSS-Feeds vor. So entdeckt ihr evtl. noch neue Quellen.
Webseiten / Blogs: Ist kein Rss-Feed vorhanden, scannt der RSS-Reader die Seite und versucht aus der Webseite einen eigenen RSS-Feed zu erstellen. Das funktioniert häufig extrem gut. Falls das nicht klappt: unten gibt’s mit morss.it noch einen kleinen Hack.
Newsletter: Keine Lust darauf, dass Euch Newsletter das Postfach dicht machen? Newsletter können per eigener eMail-Adresse direkt an Inoreader geschickt werden und erscheinen dann dort in der Übersicht - zwischen den neuesten Nachrichten und Blog-Artikeln, passend zum Thema.
Google Alerts: Ich nutze als regionaler Journalist häufig Google Alerts und habe zum Beispiel Alerts eingestellt auf bestimmte Politiker- oder Firmennamen, Orte in meinem Berichtsgebiet, etc. Diese Google Alerts kann ich mir bei Google ganz einfach als RSS-Feed ausspielen lassen. Vor allem für Nischenthemen spannend, weil man ja gar nicht alle Blogs oder Special Interest Magazine kennen kann. Google findet sie.
Facebookseiten: In der Bezahlversion kann ich auch Facebookseiten, Instagramaccounts, etc. aus Soccial Media hinzufügen. So bleibe ich bei bestimmten Accounts auf dem neuesten Stand. Nachteil: Es kann da sehr schnell teuer werden, ich bin z.B. auf 20 beschränkt pro Netzwerk.
Twitterlisten: Wer Twitterlisten erstellt hat, der nutzt ja häufig Tweetdeck. Wenn ich aber alles in einer Quelle haben möchte, dann kann ich mir diese Twitterlisten auch in meinem RSS-Feed anzeigen lassen. Hier gibt es einen kleinen Trick (mit Dank an Sebastian Meineck von netzpolitik.org, dessen Newsletter zu Open Source Intelligence OSINT total zu empfehlen ist). Hier hilft als kleine Zauberfee die Webseite morss.it
Ich gebe dort zum Beispiel den Link meiner Twitterliste mit den Feuerwehren und Polizeien in Sachsen-Anhalt ein und bekomme am Ende einen passenden RSS-Fead ausgespuckt, den ich im RSS-Reader einfügen kann.
Der Panikbutton
Manchmal wird es einfach zu viel. Wenn man mal nicht reinguckt oder zu viele Quellen reingepackt hat, dann ist man von der Vielzahl der Artikel überwältigt. Dann hilft am besten:
Und schon gibt das schlechte Gewissen Ruhe ;-)
Anwendungsbeispiele? Als Nachrichtenjournalist in Sachsen-Anhalt und für bestimmte Themen konzentriere ich mich auf Webseiten, Accounts, die damit zu tun haben, um möglichst frühzeitig informiert zu sein. Allgemeine Nachrichten (z.B. Tagesschau od. Spiegel) lese ich nicht darüber. Da habe ich gemerkt, dass das einfach zu schnell zu viel wird. Da verlasse ich mich dann auf meine Nachrichtenapps, die mir Nachrichten für mich passend kuratieren. RSS ist für mich wirklich ein Rechercheinstrument für meine speziellen Themen. Was ich konkret zum Beispiel als Quellen nutze:
Natürlich Twitterlisten mit allen Landtagspolitikern, wichtigen Köpfen aus meiner Region, Parteien, Verbände, Experten, Medien.
Facebookseiten und RSS-Feeds von Ministerien, Gemeinden, Landkreisen, Medien, Polizeien und Feuerwehren.
RSS-Feeds zu Blogs von Spezialthemen, die ich im Blick behalte, z.B. Wirtschaft / Energie, um Ideen für eigene Recherchen zu bekommen und auf dem Stand zu bleiben.
Was leider nicht mehr (Damn you, Elon Musk) geht: Twitter-Hashtagsuche nach Schlagwörtern, da suche ich noch einer Lösung, wie ich das wieder hinbekomme - falls jemand was weiß: gerne melden.
Google Alerts ganz massiv (leider immer etwas mit Zeitverzögerung, zeigen Dir aber Quellen, die Du oft so vielleicht gar nicht im Blick hättest).
Als Regionaljournalist die RSS-Feeds von Medien aus anderen Regionen. Da schaue ich aber nur ab und an mal rein, um zu gucken, was die so machen und um zu schauen, ob man Themen von dort auch in der eigenen Region umsetzen kann.
Wo? inoreader.com oder feedly.com
Wie teuer? In der Basisversion kostenlos. Dann hat man aber die Beschränkung auf 150 Feeds, keine Social Media Integration, etc. Es gibt dann noch die Unterstützervariante für 1,67 USD (500 Feeds max) und die Pro-Variante für 7,50 USD / Monat, die ich nutze. Aber gerade zum Einsteigen reicht die kostenlose Variante vollkommen, vor allem weil man die Twitter-Limitierungper morss.it-Hack ganz gut umgehen kann.
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