(Was es mit dem Titelbild auf sich hat, erfährst Du weiter unten im Text)
Prolog
Keine Angst, der Text hier ist nicht von ChatGPT geschrieben. Also nicht ganz. Trotzdem habe ich KI bei der Erstellung genutzt, aber nicht so, wie man es vielleicht in einem ersten Impuls machen würde. Ich war letztens in einer Landtagssitzung und es ging um das Thema KI und - ungelogen - vier Redner, über alle Parteigrenzen hinweg, hielten hintereinander ähnliche Reden, alle mit dem Twist “Das, was ich die letzten fünf Minuten erzählt habe, habe nicht ich mir ausgedacht…” Man merkte schon bei Redner II, dass er sich unwohl vorkam, aber die Rede musste ja gehalten werden.
Klar, ChatGPT (und Co! - ganz wichtig) verleiten natürlich dazu, dem ersten Impuls zu folgen. Und auch mir sind schon bei Linkedin und Co Artikel und Newsletter reingespült worden, die mir versprochen haben: “Hier sind 10 Hacks, wie Du ChatGPT nutzt”. Trotzdem schreibe ich auch Dir heute genau auch so eine Liste. Und bei mir kommt sie von Herzen. Und mit Beispielen, wie ich - derzeit auch noch testend und spielend - KI als Journalist einsetze und damit experimentiere. Und nehmt gerne ganz unten am Ende an der kurzen Umfrage teil.
Stefan Voss (Verification Officer von dpa) beschreibt es übrigens in einem Bild sehr toll: “Bei der Nutzung von KI eher an Lilienthal denken. Kleine Sprünge, vorsichtig, dann steigend. Nicht Ikarus sein, der nach der großen Lösung sucht.” Das finde ich ein sehr schönes, passendes Bild.
Ein zweites Wort vorweg
Inzwischen gibt es ja schon Stellenausschreibungen für das sogenannte “Prompting”, also die Erstellung von Aufgaben für die KI. Denn ganz so einfach wie “ich gebe einen Text raus und dann kommt am Ende was bei rum” ist es nicht. Was wichtig beim Prompting ist, erklärt die KI (ChatGPT) am besten mal an einem “Beispielprompt im journalistischen Kontext” (was meine Aufforderung war):
Wichtig also:
Rolle definieren
Klare Aufgabe geben
Kriterien definieren
Zielgruppe beschreiben
(Zielformat angeben - dazu unten ein paar Beispiele, wenn kein Text)
Durch gezielte Nachfragen Anpassen
11 Einsatzmöglichkeiten der KI für Journalisten
Jetzt aber hier endlich meine Liste von Einsatzmöglichkeiten, mit denen ich selbst schon (gute) Erfahrungen gemacht habe.
Ideenfindung
Zugegeben, auf die Themen könnte man auch selbst kommen. Und viele Medien sind das ja auch schon. Aber wenn vor der nächsten Themenkonferenz der Kopf leer ist: Zur Anregung können die Vorschläge ja helfen.
Texte / Pressemitteilungen zusammenfassen lassen
Gerade bei langen, komplizierten Pressemitteilungen oder Informationen kann KI helfen, die Informationen einmal grob zusammenzufassen. So bekomme ich eine erste Übersicht über einen Artikel und kann mir Argumente aufzeigen lassen. Ich kann - daher nutze ich dafür meist Google Bard oder Microsoft Edge - mir auch Gegenpositionen oder weitere Informationen anzeigen lassen. Denn Google und Microsoft greifen im Gegensatz zu ChatGPT auf aktuelle Informationen aus dem Inter zu und zeigen mir - wie im Fall von Microsoft - sogar per Fußnote die Quelle an. Aber ACHTUNG! - Hier kommen wir das erste Mal in den Bereich der “Halluzinationen”. Da die Sprachmodelle auf Wahrscheinlichkeiten beruhen und keine Unterscheidung machen zwischen Aussagen aus dem Text, Meinungen von Zitatgebern und ähnlichen Texten mit denen die Sprachprogramme trainiert worden sind, kann es sein, dass sie einfach etwas dazudichten. So schrieb mir ChatGPT mal in die “Zusammenfassung” einer Pressemitteilung über Geburtenentwicklungen rein: “Kinder sind die Zukunft unseres Landes”. Man muss daher IMMER kontrollieren.
Themengebiete erschließen
Gerade, wenn man sich in ein neues Themengebiet einarbeiten muss, kann man sich von der KI Anregungen geben lassen, welche ASpekte bei dem Thema zu beachten sind. Da nutze ich meist Edge von Microsoft als Browser, weil ich direkt auf die Quelldokumente komme und mich von dort aus - ähnlich Wikipedia - dann weiterklicken kann.
Experten finden
Und wenn ich schon mal dabei bin, dann kann ich mir auch direkt Experten (mit zugehörigen Kontaktdaten) anzeigen lassen. Das könnte ich auch z.B. über Google Scholar und wissenschaftliche Veröffentlichungen machen, aber für einen ersten Eindruck: warum nicht?
Interviews vorbereiten
Und wenn ich schon mal dabei bin (déjà-vu), kann ich mir (wie beim Brainstorming) auch Fragen oder zumindest Fragenaspekte vorschlagen lassen. Auch das sind wieder eher Standardfragen. Aber manchmal muss es schnell gehen oder man kennt sich noch nicht gut mit einem Thema aus und dann ist dies ein erster Start.
Interessant ist dabei auch noch der Aspekt, dass Du die Sichtweise des Interviewers ändern kannst. Hilft besonders, um noch einmal eine kritischer Perspektive einzunehmen oder um auf Ideen für kreativere Fragen zu kommen.
Zusammenfassen von Umfragen / größeren Recherchen
Im letzten Newsletter hatte ich ja schon über die Nutzung einer “Masterfile” geschrieben. Was ich als regionaler Journalist auch gerne mache: Kommunen, Landkreise, sonstige Institutionen per Mail gezielt zu bestimmten Themen anfragen. Das gibt dann meist in der Masterfile unzählige Seiten an Informationen. Für einen ersten Überblick hilft KI. Alle Infos reinkopieren und schon kommt ein erster Eindruck.
Statistische Tabellen filtern
Gerade wenn man einfach mal bei den statistischen Landesämtern o.ä. durch die Tabellen stöbert kann man da evtl auch an neue Themen kommen. Denn nicht zu jeder Tabelle gibt es ja auch eine Pressemitteilung (die im Zweifelsfall dann auch die Konkurrenz bekommt).
Titel und Teaser schreiben
Auch hier wieder: Als Ideengeber geeignet. Fertigen Text reinkopieren und mal schauen, welche Vorschläge gemacht werden. Man wird evtl. nicht 1:1 die Idee aufgreifen, aber erkennt ihr, welche Idee es bei mir in den Titel geschafft hat? Wer sich übrigens mehr mit dem Thema Teaser und Texte beschäftigen möchte, der kann hier mal in die 90 Texthacks von Anne-Kathrin Gerstlauer schauen. Die gibt sowieso super Tipps, wie man besser schreibt. Auch ohne KI.
Bilder erstellen
Ja, das Titelbild ist mit KI erstellt. Und zwar ganz schön schnell und ganz schön dreckig. Der Prompt dazu kam übrigens auch von der KI: Ich hatte ChatGPT gebeten, einen Prompt zu erstellen, mit dem ich in einem anderen KI-Generator (ChatGPT kann das noch nicht) ein Bild erstellen kann -
“Erstelle ein Themenbild, das die Verbindung zwischen künstlicher Intelligenz und Journalismus symbolisiert. Zeige eine Szenerie, in der ein Journalist an einem Schreibtisch sitzt, umgeben von digitalen Bildschirmen, die KI-Algorithmen und Datenvisualisierungen darstellen. Im Hintergrund sollte ein Netzwerk aus künstlichen Neuronen sichtbar sein, um den Aspekt der künstlichen Intelligenz hervorzuheben. Die Farbpalette sollte moderne Technologiefarben wie Blau, Grau und Weiß enthalten. Der Stil sollte professionell und ansprechend sein, um das Thema ernsthaft und zukunftsweisend zu präsentieren.”
Das war die Idee der Maschine selbst. Rausgekommen ist das Bild ganz oben. Die Frau war übrigens meine Idee. “Ein Journalist sitzt an einem Computer in der Redaktion und schreibt einen Text. Im Hintergrund sitzen Roboter an Computern, leicht unscharf.” Meine Idee ist jetzt nicht besonders kreativ. Die KI aber auch nicht. Und das ist der Punkt. Die KI kann Standards, wenn es ums Kreative geht. Mehr nicht. Aber das dafür verdammt schnell und in großer Menge. Nutzt die KI also als Sparringspartner. So weißt Du wenigstens wo die Grenze ist, die Du überspringen musst, um nicht von der KI wirklich abgeschafft zu werden (kleiner Rant zu Ende).
Social Media Posting erstellen
Gerade fürs Crossposten kann es sich anbieten, zumindest Textvorschläge oder verschiedene Varianten für verschiedene Plattformen oder Veröffentlichungstage zu erstellen und sich vorschlagen zu lassen.
Der KI-Redakteur
Wie schon öfters gesagt: Fakten kann die KI (noch) nicht so gut. Daher würde ich auch nie eigenständige Texte von der KI schreiben lassen. Die KI kann aber helfen, Texte zu überprüfen, auf Plausibilität hin zu testen, Verbesserungsvorschläge zu machen. Sie kennt dabei die Zielgruppe natürlich nicht genau. Lange Informationen über Halluzinationen etwa wären in diesem speziellen Newsletter fehl am Platz (meine ich). Das kann die KI nicht wissen. Aber sie kann Hinweise geben. Denen muss ich nicht immer folgen, aber sie können mich zum Nach- und Weiterdenken anregen. Auch hier gilt wieder das Prinzip Lilienthal vor Ikarus.
Das hier waren übrigens die ersten Beispiele, als ich - scherzhalber - den Newsletter doch mal von der KI habe schreiben lassen:
Es gibt natürlich noch Tausend andere Möglichkeiten. Übersetzungen habe ich beispielsweise gar nicht angesprochen, weil ich das selbst in meinem Alltag kaum nutze. Aber ich bin sicher, dass irgendwann bald hierzu eine zweite Version und Ausgabe kommt. Nächste Woche geht es erstmal mit einer regulären Ausgabe weiter: Ein Tool, eine Anwendung, keine KI, sondern ganz schnöder (Redaktions-)Alltag.
Jetzt würde mich natürlich noch interessieren:
Darüber hinaus würde mich interessieren, wie Du konkret KI schon nutzt. Wenn es da Beispiele gibt, die Du teilen möchtest, dann schreib mir gerne eine eMail:
mail@simon-kremer.de
Wenn Dir dieser Newsletter gefallen hat, dann leite ihn gerne an Kollegen in der Redaktion weiter.
Super Liste und danke für die Erwähnung!